Eine Ausstellung mit Fotografien von K M Asad
Schule statt Fabrik – Arbeitende Kinder in Bangladesch
Leseversionen der Audioelemente zur Ausstellung
1. Tazim 12 Jahre / „Zum Träumen bin ich zu müde.“
„Zum Träumen bin ich zu müde“ – das sagt Tazim, wir sehen ihn hier im blauen T-Shirt. Tazim ist zwölf Jahre alt und lebt in der Stadt Jessore im Westen von Bangladesch. Mit seinen Eltern, seiner Schwester und deren drei kleinen Kindern wohnt er in einem Armenviertel. Tazims Eltern sind beide schwer krank und werden von seiner Schwester gepflegt. Eine Krankenversicherung gibt es nicht in Bangladesch, und keiner der Erwachsenen kann arbeiten und hat ein Einkommen. Deshalb muss Tazim seit zwei Jahren für die Familie sorgen. Er arbeitet in einer kleinen Fabrik, die Aluminiumschüsseln herstellt.
2. Arbeitstag, 11 Stunden
In der kleinen Fabrik arbeitet Tazim bis zu 11 Stunden am Tag. Gemeinsam mit erwachsenen Kollegen steht er an Maschinen und formt und schleift Aluminium zu Schüsseln. Es ist eine harte körperliche Arbeit, die viel Konzentration erfordert. Schutzkleidung trägt keiner der Angestellten. Der Aluminiumstaub färbt die Hände silbrig und hinterlässt Spuren auf Armen, Gesicht und Beinen. Er dringt in die Atemwege und schädigt die Lunge. Tazim arbeitet barfuß und ohne Handschuhe. Es ist furchtbar laut.
3. Recht auf Schule und Spiel / „Ich liebe es wieder zur Schule zu gehen.“
Tazim hat immer den Wunsch gehabt, wieder in die Schule gehen zu können. „Ich würde so gern morgens ein bisschen länger schlafen und nach der Schule zum Mittagessen nach Hause kommen. Und nachmittags Zeit zum Spielen zu haben, das wäre toll. Aber ich muss die ganze Zeit arbeiten. Ich wünsche mir, wieder in die Schule gehen zu können. Ich will gut aufpassen und lernen. Und vielleicht wird mein Traum wahr, und ich werde ein erfolgreicher Fußballer.“
Und jetzt kommt die gute Nachricht: Tazims Traum wurde Wirklichkeit, denn ein Sozialarbeiter einer Sternsinger-Partnerorganisation wurde auf Tazim aufmerksam. Mit viel Fingerspitzengefühl konnte er die Eltern und den Arbeitgeber überzeugen, dass Tazims Platz in einer Schule ist, und nicht in einer Fabrik. ARKTF, die Sternsinger-Partnerorganisation, vermittelte Tazim einen Platz in der Schule und half auch seinen Eltern. Tazim geht nun mit Freude wieder in die Schule.
4. Nour, 12 Jahre / „Später möchte ich Anwältin werden.“
Dieses zarte und zugleich sehr starke Mädchen heißt Nour und ist 12 Jahre alt. In Jessore, einer Stadt im Westen von Bangladesch, lebt sie mit ihrer Mutter Rhia in einem Zimmer im kleinen Haus des Großvaters. Nour ist vielseitig interessiert und begabt. Dass sie Anwältin werden will, hängt mit ihrer leidvollen Vergangenheit zusammen. „Wenn ich mal groß bin und bis dahin die nötige Unterstützung bekomme, und falls genug Geld für ein Studium da sein sollte, möchte ich Anwältin werden. Wenn ich es schaffe, werde ich als Anwältin genau solchen Frauen wie meiner Mutter helfen.“
5. Leidvolle Kindheit
Nours Start ins Leben war nicht einfach. Das Leid begann schon lange vor ihrer Geburt. Nours Mutter Rhia war selbst noch ein Kind, als ihre Mutter starb. Rhia war erst 13 Jahre, als der Vater sie mit einem ihr unbekannten Mann verheiratete. Die Ehe sollte ihre Versorgung gewährleisten. Doch statt Sicherheit folgten für Rhia Jahre schlimmer Misshandlungen durch den Ehemann. Nour hat das oft mitansehen müssen und selbst viel Angst gehabt. Die Verletzungen der Mutter waren so schlimm, dass sie nicht arbeiten gehen konnte. Eine Krankenversicherung gibt es nicht in Bangladesch. So musste die sechsjährige Nour für den Unterhalt sorgen.
6. Arbeit und Ängste / „Ich musste zehn Stunden am Tag in einer Snackfabrik arbeiten.“
Nour begann, tagsüber in einer Snackfabrik zu arbeiten. Sie musste putzen, ausgebrannte Kohle zusammenkehren und Päckchen für den Versand packen. Zehn Stunden verbrachte das Mädchen in der kleinen Fabrik. Sie hatte Angst vor dem Chef, der oft laut geschimpft hat. „Hier in der Fabrik werden Snacks wie zum Beispiel Fertigsuppen hergestellt. Meine Aufgabe war es, die heiße Kohle aus den Öfen zu holen. Wenn ich da nicht sehr konzentriert war, konnte ich mich schnell verletzen. Ich habe mich oft geschnitten oder verbrannt.“ Insgesamt vier Jahre musste Nour dort arbeiten, aber dann wendete sich das Blatt für das talentierte Mädchen.
7. Schule statt Arbeit / „Ich bin so glücklich, dass ich nicht mehr arbeiten muss.“
Ein Team der Sternsinger-Partnerorganisation ARKTF besuchte die Snackfabrik und erkannte sofort, dass Nour viel zu jung zum Arbeiten war. Mitarbeiterin Shelpi und ihre Kollegen handelten schnell: Sie befreiten Nour aus dem Arbeitsverhältnis und meldeten sie in einer Schule an. Auch Mutter Rhia erhielt Unterstützung. Die Sternsinger-Partner berieten sie und gaben ihr ein kleines Startkapital, mit dem sie sich selbständig machen konnte. Heute stellt Rhia zu Hause Tüten aus recyceltem Papier her und näht Kinderkleidung und Kissenbezüge, die sie in der Nachbarschaft verkauft. Der Erlös deckt die Kosten für Lebensmittel und Medikamente.
8. Wege in die Zukunft / „Jetzt darf ich wieder lernen!“
Um Nour nach der mehrjährigen Pause auf den Unterricht vorzubereiten, bekam sie im ARKTF-Zentrum wochenlang Nachhilfe. Dank der Vermittlung des Sternsinger-Partners übernimmt Nours neue Schule einen Teil der Kosten für die Unterrichtsmaterialien. „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von ARKTF haben mir letztes Jahr wieder geholfen in die Schule zu gehen, in die fünfte Klasse. Ich liebe es, zur Schule gehen zu dürfen, das ist so toll!“
Noch heute geht Nour nach der Schule gerne ins ARKTF-Zentrum, wo sie ihre Freundinnen trifft, Theater spielt und singt.