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Bräuche und Legenden rund um Sankt Martin

Der Überlieferung nach wurde Sankt Martin 316 in Sabaria (heute Szombathely, Ungarn) geboren und lebte in der Zeit der Römer vor ungefähr 1.700 Jahren. Sein Vater war römischer Soldat und nannte ihn Martinus, nach dem römischen Kriegsgott Mars, was so viel wie „Kriegsmann“ heißt. Er wollte, dass Martin auch Soldat wird.

Mit zehn Jahren hatte Martin einen Freund namens Festus. Durch ihn lernte er erstmals Christen kennen. Und hatte den Wunsch, selbst Christ zu werden.

Mit 15 wurde Martin Soldat, so schrieb es das Gesetz für die Söhne von Offizieren vor. Mit 18 war seine harte Ausbildung beendet. Damals war er in Amiens, im heutigen Frankreich, stationiert. Dort begegnete er am Stadttor einem Bettler, mit dem er seinen Mantel teilte.

Um das Jahr 334 – Martin war 17 oder 18 Jahre alt – ritt Martin an einem kalten Wintertag mit ein paar anderen Soldaten durch das Stadttor von Amiens. Früher gab es um viele Städte eine große Mauer, und man kam nur durch die Stadttore rein und raus. Manchmal wurde armen oder kranken Leuten sogar verboten, in die Stadt zu kommen. Draußen vor dem Stadttor saß ein Mann, der nur ein paar zerfetzte Lumpen anhatte und so sehr fror, dass er kaum noch sprechen konnte.  Als Martin und die anderen Soldaten auf ihren Pferden vorbeikamen, flehte der Bettler sie an, ihm zu helfen. Martin hielt sein Pferd an und stieg ab, kniete sich zu ihm auf den Boden und sah ihm in die Augen. Er hatte Mitleid und wollte helfen. Aber nur wie? Geld hatte er keins dabei. Essen auch nicht. Da kam Martin eine Idee: Er nahm seinen Wollmantel ab, den er über der Rüstung trug. Er zog sein Schwert und schnitt den Mantel in der Mitte durch. Die eine Hälfte gab er dem Bettler, die andere legte er sich wieder um die Schultern. So hatten sie es jetzt beide warm.

In der Nacht träumte Martin von dem Bettler und erkannte in ihm Jesus am Kreuz, der zu ihm sagte: „Was du dem Bettler gegeben hast, hast du mir gegeben.“

Martin hatte in der Nacht, nachdem er den Mantel geteilt hatte, einen Traum: Er träumte von Jesus. Im Traum trug Jesus die Hälfte seines Wollmantels. Und er sagte Martin, wie gut er seine Entscheidung fand, mit dem frierenden Mann seinen Mantel zu teilen. Jesus hatte selbst einmal gesagt: „Was immer ihr einem Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan" (Mt 25, 40). Am nächsten Morgen war Martin klar: Er wollte kein Soldat mehr sein! Er wollte einfach nur anderen helfen. Er wollte sich taufen lassen und Priester werden.

Bald danach ließ sich Martin taufen und erklärte dem Kaiser: „Ich bin Christ und will nicht mehr als Soldat kämpfen.“ Martin verließ die Armee und wurde von Bischof Hilarius in Poitiers zum Priester weihen. Als Einsiedler lebte Martin einige Jahre in einer Hütte im Wald bei Poitiers.

Als 371 der Bischof von Tours starb, wollten die Menschen Martin zum Bischof haben. Aber Martin wollte lieber in der Einsamkeit bleiben und beten. Der Legende nach lockten die Menschen Martin mit einer List in die Stadt. Als er die vielen Menschen sah, versteckte er sich in einem Stall, aber die Gänse schlugen Alarm und verrieten sein Versteck.

Die Legende berichtet von der Ernennung Martins zum Bischof von Tours im Jahr 371/372. Eigentlich wollte Martin nicht Bischof werden. Mit einem Trick lockten die Menschen den beim Volk beliebten Mönch in die Stadt, um ihn für den Bischofsstuhl gewinnen zu konnten: Ein Bürger mit dem Namen Rusticus warf sich Martin zu Füßen und gab vor, seine Frau sei krank. Martin müsse mitkommen, denn nur er könne ihr Leben retten.

Die Bürgerinnen und Bürge von Tours geleiteten Martin in die Stadt. Dort hatte sich nicht nur eine große Menge aus der Stadt eingefunden, auch aus benachbarten Städten waren die Menschen herbeigeströmt. Martin sei der Würdigste für das Bischofsamt, meinten sie. Dem widersprachen eine kleine Zahl von Leuten und etliche unter den Bischöfen, die zur Einsetzung des Martin herbeigerufen worden waren. Sie behaupteten, Martin sei unwürdig Bischof zu werden. Er sei von so kümmerlichem Aussehen, mit schmutzigem Kleid und ungepflegten Haaren.

Martin hatte sich während der Diskussionen entfernt und versuchte sich vor der Menge zu verbergen, um der Ernennung zum Bischof zu entgehen. Da er keinen geeigneteren Ort fand, suchte er Zuflucht in einem Gänsestall. Schließlich fanden die Menschen ihn in diesem Stall, weil die Gänse durch lautes Geschrei auf den heiligen Mann aufmerksam machten. Martin deutete das als Zeichen Gottes, diese Aufgabe zu übernehmen und willigte ein.

Als Bischof ließ Martin entfernt von der Stadt, am Fluss Loire, ein einfaches Kloster bauen, in dem er von nun an lebte. Er half Armen und Kranken und verkündete Zeit seines Lebens die Frohe Botschaft. Der Legende nach vollbrachte er viele Wunder und starb am 8. November 397.

Am 11. November wurde Martin unter großer Beteiligung der Bevölkerung beigesetzt. Darum feiern wir bis heute an diesem Tag das Fest dieses bedeutenden Heiligen.

Die Tradition der Martinsverehrung

Nachweislich wurde Sankt Martin im 5. Jahrhundert bereits als Heiliger angerufen. Martin war in der Westkirche der erste heilige Nichtmärtyrer, der sein Glaubenszeugnis durch sein bekennendes Leben (confessor) abgelegt hat. Martin personifiziert als Römer in Gallien den Übergang des heidnischen Reiches in das Christentum. Er wurde Patron des christianisierten Frankenreichs. Sein Kult verbreitete sich dort und vor allem nach Nordwestdeutschland, wo ihm erste Kirchen geweiht wurden (Nottuln unter Karl dem Großen). Gerade in der Karolingerzeit wurden dem Heiligen zahlreiche Kirchen geweiht, vielfach frühmittelalterliche Königsgüter. Besonders häufig ist Sankt Martin im Trierer und Kölner Raum als Kirchenpatron und Volksheiliger anzutreffen, wo er auch im Volksbrauchtum lebendig blieb.

Als Schutzpatron tritt Sankt Martin bei folgenden Gruppen auf: bei Ländern und Armeen, Rittern, Soldaten, Reisenden, Flüchtlingen, Huf- und Waffenschmieden, Alpenhirten, Bettlern, Tuch-, Kappen- und Handschuhmachern, Webern, Gerbern, Schneidern, Bauern, Hirten, Winzern, Gastwirten, Hoteliers, Müller und Zechern, und Tieren (Pferde, Hunde, Vögel).

In der darstellenden Kunst wird Martin vor allem als Ritter (= Reiter) auf weißem (!) Pferd (ein Schimmel charakterisiert einen Heiligen) dargestellt. Seltener wird Martin als Bischof mit einer strahlenden Hostie über dem Haupt oder als Bischof mit einer Gans dargestellt.

Bräuche rund ums Martinsfest

Das Martinsspiel, Weckmänner, Laternenzüge, das Martinsfeuer – das sind nur einige von vielen Bräuchen, die sich rund um das Martinsfest entwickelt haben.

Während fast aller Heiligen an ihrem Todestag gedacht wird, macht der heilige Martin eine Ausnahme. Er starb am 8. November 397, man gedenkt seiner aber am 11. November. Den Grund für die Verschiebung um drei Tage sehen Volkskundler darin, dass der 11. November bereits im 4. Jahrhundert ein Bauernfeiertag war, sozusagen ein zweites Erntedankfest, an dem die geernteten Früchte bereits verarbeitet, der neue Wein (Martiniwein oder Märteswein) erstmals verkostet und das Personal gewechselt wurde. Es begannen die Bauernfeiertage, an denen Knechte und Mägde Eltern und Verwandten besuchen konnten, die Feldarbeit eingestellt war und auf dem Hof nur noch die Tiere zu versorgen und Reparaturen auszuführen waren.

Mit den Jahren überlagerte der Festcharakter des Tages als Heiligengedenktag den bäuerlich geprägten Tag und übernahm das bäuerliche Brauchtum in den kirchlichen Festtag.

Aus der Pachtgans, die am Martinstag zur Begleichung der „kleinen Pacht“ für ein Stück Acker oder eine Wiese fällig war, wurde deshalb die „Martinsgans“. Der Tag des heiligen Martin galt verschiedenen Ortes auch als Steuertag, so dass Martin auch zum Steuerheiligen wurde. Es hieß: „Auf Martini ist Zinszeit.“ Dieser Sprichwortsinn verband sich mit dem Heiligen zur Redensart: „Sankt Martin ist ein harter Mann, für den, der nicht bezahlen kann.“

Lange Zeit war in Gallien Martini der letzte Festtag vor der sechswöchigen Advent- und Fastenzeit (= Epiphaniasfastenzeit, Quadragesima Martini, Weihnachtsfasten, Adventfastnacht), der – wie alle hohen Feiertag – mit der ersten Vesper am Vorabend, dem Lucernarium (d.h. Zeit des Lampenanzündens), begann. Der Martinstag hatte daher in der frühen Kirche einen Schwellenfest-Charakter wie Aschermittwoch.

Im Rheinland hat sich das Martinsbrauchtum zunehmend vereinheitlicht und verkirchlicht, während sich in Nordwestdeutschland noch Reste von Maskenbräuchen, in Mitteldeutschland Umzüge und in Schlesien die Martinsgebäcke erhalten haben. In anderen Landschaften (Alpen, Württemberg) ist der Bezug zum Heiligenfest kaum zu erkennen. In einigen Landschaften verband sich der Martinsbrauch mit dem Erntefest (Havelland, Alpen, z.T. Rheinland). Es gab spielerische Wettkämpfe um die Martinsgans: wie der Hahn wurden Gänse gerissen, geköpft, geschlagen und geschossen (Tirol, Schwaben) oder Martinsschweine zum Kampf aufeinandergehetzt (Würzburg).

Die Lichterumzüge haben größtenteils die Martinsfeuer abgelöst. Wo man die Martinsfeuer noch abbrennt, wird das Feuer als Symbol verstanden: Es bringt Licht in das Dunkle, wie die gute Tat Martins das Erbarmen Gottes in die Dunkelheit der Gottesferne brachte. Der Ursprung des Martinsfeuers wird in den Riten der germanischen Wintersonnwendfeier und des germanischen Erntedankfestes vermutet: Ein Freudenfeuer, wie es auch zu anderen Anlässen angezündet wurde, ist zugleich aber auch ein reinigendes Feuer, in dem das vergangene Jahr verbrannt wird: Der Sommer wird verbrannt! Das „Sommerverbrennen“ soll daran erinnern, dass ein Zeitabschnitt unwiederbringlich vergangen war.

Aus dem mittelalterlichen Martinsfeuer wurde im 19. Jahrhundert bei der Neubelebung in der Romantik das Basteln von Martinslampen (Martinsfackeln, Martinslampions) und der Martinszug durch die Gemeinde mit einem Martin als römischer Offizier zu Pferde.

In den frühen Tagen der Kirche war es üblich, sonn- und feiertags nach dem Gottesdienst als Kommunionersatz denen, die die Eucharistie nicht empfangen hatten, nicht hatten empfangen dürfen (= Büßer, Katechumenen) oder nicht hatten empfangen können (= daheimgebliebene Kranke), gesegnetes, aber nichtkonsekriertes Brot zu reichen.

Im Laufe der Zeit erhielt das dabei verwandte Gebäck eine auf den Festinhalt bezogene Form. Man nennt es „Gebildebrot“. Der Weckmann, ursprünglich wohl nur am Nikolaustag, später auch am Martinstag und heute in der gesamten Adventzeit üblich, (Stutenkerl oder Piepenkerl im Westfälischen; Hefekerl in der Schweiz; aber auch Printenmann, Hanselmann, Klasenmann) ist ein Gebildebrot, also eine mit Weizenmehlteig geformtes oder in den Teig geformte Figur: Dargestellt ist ein Bischof! Die heute oft zu findende Tonpfeife ist ein Irrtum: Dreht man die Tonpfeife mit dem Kopf nach oben, so erkennt man noch heute, dass statt der Tonpfeife ursprünglich ein Bischofsstab angebracht war. Die Bezeichnung Printenmann drückt die Form des Gebildebrotes aus. Stuten, Stutenkerl und Wecken, Wegge oder Weckmann, Weggmann, bezeichnen Teigart und Form des Gebäcks.

Sankt Martin feiern!

Materialien zum Martinsfest

Teile wie Sankt Martin

Alle, die in der Kindertagesstätte, Schule oder Gemeinde das Martinsfest organisieren, finden in unseren Materialien zahlreiche Anregungen zur Gestaltung und Umsetzung: Geschichten, Lieder, Gottesdienstbausteine und Bastelideen.

Zum Martinsmaterial : Teile wie Sankt Martin


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